Sankt Martin in Portugal oder November, der Kastanienmonat
Kristin 26. November 2013
In Portugal wird der Martinstag nicht mit dem Martinszug oder Martinssingen begangen, sondern mit dem Fest der Kastanie. Ursprünglich wurde dieses Fest zum Abschluss der Erntearbeiten und dem Einzug der „dunklen“ Jahreszeit abgehalten. In Gassen, auf Höfen oder Plätzen wurden deswegen an diesem Tag Feuer (Licht) entfaltet, auf denen Kastanien geröstet wurden. Am Ende, und nachdem das Feuer schon ziemlich heruntergebrannt war, sprangen dann die Mutigsten darüber. Leider ist diese Tradition am Verschwinden, vielleicht weil die meisten Menschen nicht mehr direkt mit dem landwirtschaftlichen Leben und ihrem immer gleichen Jahresrhythmus vertraut sind.
Heutzutage trifft man sich am Abend des 11. November mit Familie oder Freunden, um Kastanien zu rösten, zu backen oder zu kochen. Die Rezepte hierfür sind endlos. Die einfachsten (und deswegen heutzutage wohl beliebtesten) Varianten sind das Rösten, nur mit grobem Meersalz bestreut, auf offenem Feuer oder dem Backblech im Backofen und das Kochen mit Sternanis.
Dazu gibt es Jeropiga oder Água-pé (wörtl. übersetzt: Fußwasser) zu trinken. Jeropiga wird aus dem bei der Weinherstellung übrig gebliebenen Traubentrester hergestellt. Ihm wird Branntwein zugesetzt, um die Fermentierung zu stoppen. Dadurch entsteht ein sehr leckeres hochprozentiges, süßes Getränk, das hervorragend zu Kastanien und dieser Jahreszeit passt. Água-pé dagegen ist ein leichter Wein, früher als arme-Leute-Wein bezeichnet, da er den Arbeitern nach getaner Arbeit ausgeschenkt wurde. Dem vergorenen Traubenmost wird Wasser zugefügt, das Ganze wird noch einmal gekeltert und nach nur einigen Stunden Ruhezeit dann in Flaschen abgefüllt.
Der Herbst ist, in Portugal, von jeher die Jahreszeit der Edelkastanie. Wie Sie wahrscheinlich nicht wissen, gehört Portugal zu den größten Edelkastanienexporteuren Europas. Und zwar, wenn man die Türkei zu Europa zählt, nach der Türkei und Italien an 3. Stelle. Die hauptsächlichen Produktionsgebiete befinden sich im Norden und Zentrum Portugals. Aber auch hier an der Algarve, in der Serra de Monchique gibt es Kastanienwälder und an den Straßenrändern vereinzelt stehende Kastanienbäume. Das Vulkangestein des Gebirges (Serra) von Monchique ist der ideale Nährboden für diese Baumart.
Falls Sie also im November oder Dezember Ihre Ferien an der Algarve verbringen, sollten Sie unbedingt eine Wanderung durch die Serra de Monchique mitmachen. Zum einen können Sie die fantastischen Panoramablicke bis an die Küste bestaunen, zum anderen können Sie auf dem Rückweg Ihren Lunch, Brunch oder das Abendessen aus dem Unterholz klauben. Die heruntergefallenen Kastanien sind nämlich garantiert Esskastanien und keine ungenießbaren Rosskastanien wie in Mittel- und Nordeuropa, die sich nur für Herbstbastelaktionen eignen.
Und hier nun ein einfaches, aber köstliches Rezept für Ihre selbstgesammelten Kastanien:
Kastanien waschen und nicht abtrocknen, dadurch haftet das Salz besser an ihnen. An der Oberkante mit einem gezielten Kreuzschnitt die Schale einritzen (sehr wichtig, sonst explodieren sie!). Auf ein Backblech geben und großzügig mir grobem Meersalz bestreuen. Bei 200º (oder Gas Stufe 8) ca. 15-20 Minuten auf der mittleren Schiene rösten lassen.
Wem das zu viel Arbeit ist, der kann sich zur Zeit in jeder Fußgängerzone schon fertig zubereitete, warme Kastanien bei einem Maronenverkäufer holen. Ab Anfang November schießen diese ambulanten Stände wie Pilze aus dem Boden. Die Preise sind erschwinglich: 2 Euro für das Dutzend, und neuerdings, 1 Euro für das halbe Dutzend. Der Schlachtruf der Verkäufer ist seit jeher der Gleiche: „Boas e quentes!“ (Gut und heiß) und der Geruch und Genuss von gerösteten Kastanien gehört in Portugal seit urdenklichen Zeiten zum Herbst und zur Vorweihnachtszeit.
- Interessantes in Portugal
- Keine Kommentare