Papst Benedikt auf dem Campingplatz in Alcácer do Sal
Vilalaia 17. Januar 2009
Papa Bento war in Fatima – und ich zur selben Zeit in Alcácer do Sal auf dem Campingplatz. Ich zahlte grad in der Rezeption meine Übernachtungsgebühr, die alles in allem erstaunlich billig war: 4 Euro 30 für mich und mein Zelt und mein Auto, als er mit seinem Papamobil in die Menschenmasse einfuhr, die vor der neu erbauten Flachkirche im Zentrum der Pilgerstätte weiß schimmerte und sich erste Regenschirme in den Himmel reckten – denn zu Nieseln an fing es auch.
Das junge Mädchen an der Rezeption – bzw. so jung kann sie nicht gewesen sein, sie trug einen Ehering – schaltete grad noch zur rechten Zeit den Fernseher im anliegenden Aufenthaltsraum an, sodass wir Papst Benedikt den XVI, Servus Servorum Dei, gerade noch lächeln sahen, bevor ihm eine lebensgroße Puppe ans Fenster gereicht wurde, die er erst segnete und dann küsste – und da bewegte die Puppe ein Bein und war doch nur ein sehr warm eingepacktes Baby, João Manél Jacinto, „Der Glückliche“, der daraufhin 95 Jahre leben würde – da stieg schon der Papst aus seinem Auto und wurde vom Portugiesischen Präsidenten und seiner Frau begrüßt und man sah ihn in der Frontalen – sehr fragil, sehr überirdisch, sehr innerlich leuchtend, nicht wirklich von dieser Welt. Und ich dachte noch, wie es wohl wäre, der Vertreter von Gott auf Erden zu sein und ob er sich gerade in einem inneren Zwiegespräch mit diesem befände oder eventuell ganz etwas Profanes dächte – selbst in den Papst sieht ja keiner rein.
Dann wurde das Marienlied angestimmt und 500.000 Menschen sangen während kleine Regentropfen auf ihre Notentextkopien fielen, und die Kameras schwenkten über ein Meer von Köpfen, und das Mädchen von der Rezeption und ich standen irgendwie ergriffen da, hinter dem roten Campingplatzgästesofa vor dem der Fernseher an der Wand hing, und der gehbehinderte, knochendünne Mann mit den linkischen Bewegungen, der nicht richtig sprechen kann und auf dem Platz die Papierchen aufpickt, saß in einer Ecke auf einem Stuhl und kommentierte und summte fröhlich jede Hymne mit.
Portugal hat ca 10 Millionen Einwohner, wovon sich 9 Millionen als Katholiken bezeichnen, jedoch nur weniger als ein Viertel aktiv seinen Glauben praktizieren. Dafür haben in den letzen Jahren die meist aus Übersee stammenden Freikirchen großen Zulauf bekommen, die die Sache etwas moderener angehen mit blinkenden Lichtern auf der Bühne und einer elektronisch voll ausgerüsteten Band.
Den Papst in Fatima sahen sich live allerdings nicht nur Portugiesen an. Es gab Delegationen von überall auf der Welt und ständig strömten neue Menschenbündel aus den verspäteten Bussen am Stadtrand ein, wobei die Franzosen am enthusiastischsten ihre Landeswimpel schwangen und es im spanischen Sekor am lautesten zuging. Die Portugiesen bewiesen auch hier wieder, dass sie ein Land voller zurückhaltender freundlicher Leute sind: sie standen meist nur ruhig da und sangen und freuten sich – und am Abend stiegen sie in ihre Gemeindebusse und grinsten dauerhaft – während sie geduldig lächelnd über die verstopften Straßen nach Hause geschunkelt wurden.
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